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Wenn man von Bockenem aus südwestwärts an der alten Dorfstätte Hachum vorbei den Hilligenstieg hinaufgeht, so trifft man auf der Höhe des Hachumer Feldes, das der Ochsenberg genannt wird, eine trichterförmige Erdsenke, die den Namen Dillsgraben führt. Der obere Rand dieses Erdfalls, um einen solchen handelt es sich, hat ungefährt einen Umfang von einem Kilometer. Die abfallenden Ränder sind mit Gebüschen bewachsen; am Grunde befindet sich ein kleiner Teich, der von einer am Nordhang sprudelnden Quelle gespeist wird.

Vor langen Jahren stand an der Stelle, wo jetzt der Dillsgraben sich ausdehnt, ein stolzes, trutziges Schloß mit Turm und Tor. In ihm wohnte der Ritter Dill mit seinen Mannen. Mit ihnen zog er täglich in die angrenzenden Wälder zur Jagd hinaus. Auch am Christabend, als von Bockenem her die Glocken zur Christkirche riefen, brach er in Begleitung eines treuen Dieners zur Jagd auf. Was kümmerte ihn die Geburt des Weltheilandes, er wollte seiner Jagdleidenschaft frönen. Die Bitte des Dieners, die hochheiligste Nacht nicht durch sein sündhaftes Treiben zu entweihen, fand kein Gehör. Vielmehr begann er, Gott zu lästern, und verschwur sich, nicht ohne Beute zurückkehren zu wollen, und sollte gleich sein Schloß darüber zugrunde gehen.

So jagte er nun über Berg und Tal, doch kein Wild ließ sich sehen. Der Wald war wie ausgestorben. Endlich kreuzte ein Hase den Weg, aber er trug das Kreuzeszeichen an seiner Stirn. Fluchend legte der Ritter Dill auf ihn an, zielte und - fehlte. Da packte den trotzigen Jäger das Grauen. Hastig wandte er seinen Schimmel und jagte, Unheil ahnend, seinem Schloß zu.

Als er durch das Schloßtor sprengte, flog der Hahn, der vorher schon zweimal in menschlicher Rede die Schloßbewohner gewarnt hatte, auf den hohen Turm. Bei dem dritten Hahnenschrei aber versank der Ritter mit seinem Schloß und seinen Bewohnern tief in den Berg hinein. Allein der fromme Diener entging dem Untergang. Er hat erzählt, wie der Fluch und der Schwur des Ritters in Erfüllung gingen.

In der tiefe des Berges sitzt der Ritter Dill schlafend an einem Steintisch, durch den sein weißer Bart hindurchgewachsen ist. Nur in der Christnacht erwacht er und kehrt für kurze Zeit auf die Oberfläche der Erde zurück, um dreimal mit seinem Schimmel im Galopp um den Dillsgraben zu jagen. Dann verschwindet er wieder in der Tiefe.