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Der Nachtgeist bei Hackenstedt

Bei Hackenstedt im Waldesgrund,
so tut die alte Sage kund,
dort sei ein böser Geist verbannt,
die falsche Krügerin genannt.

Sie hatte Bier verfälscht und schrieb,
wenn oft ein Zecher schuldig blieb,
verdoppelt bei der Rechnung an,
damit ihr Geiz recht viel gewann.

Sie übte immerfort Betrug,
bis sie erlag dem Todesfluch;
und als sie spukte in der Nacht,
ward sie zur Waldeskluft gebracht.

Um Mitternacht erscholl oft bang
ein dumpfer Ruf den Wald entlang:
Zapft voll, tut recht! Zapft voll, tut recht!
Kommt nicht zum höllischen Geschlecht!

Einst hüteten die Enkel dort
das Weidevieh am grasgen Ort.
Da ruft sie auch: Zapft voll, tut recht,
entgeht dem teuflischen Geschlecht!

Und einer ruft ihr spottend nach:
Verfluchte, bist du auch noch wach?
Ich wollte, dass der Teufel käm
und dich mit in die Hölle nähm!

Doch plötzlich ward ihm eisig kalt,
ein wilder Sturm durchbraust den Wald.
Ein Geist erschien im fahlen Licht,
der schauerlich zu ihnen spricht:

Verhöhnet nicht dies Nachtgeruf,
Was diese Frau zur Buße schuf.
Neun Jahre bringt sie hier noch zu,
dann ist sie rein und geht zur Ruh.

Und alle flohn mit Roßgestampf,
sie rochen schon den Schwefeldampf;
doch einen plagte große Not,
er kam nicht hin, ihn griff der Tod.

kopiert aus: Geschichtsbilder aus dem Ambergau, I. Teil. Erschienen 1961.