Allgemeine Informationen
Neben dem historisch rekonstruierten Marktplatz und den im 20. Jahrhundert gebauten Häusern der Fußgängerzone bilden die Plastiken Pokornys seit 2005 ein ästhetisch-zeitgenössisches Moment in der Innenstadtansicht. Sie fügen sich dabei thematisch in die Häuserschluchten der Hildesheimer Bauten ein, indem sie selbst die Motivform "Haus" zum Gegenstand haben. Pokornys Plastiken haben jedoch kein solides Fundament, vielmehr sind die Häuser selbst Teil abstrakter Formen und dabei in Bewegung geraten: zum einen wippt die Plastik Obelisk auf einer Giebelseite des Hausdaches, auf dessen Außenwänden die Obeliskenpyramide steht; zum anderen ist die Plastik Haus mit durchbrochener Form so in Richtung des Himmels gedreht, dass sie lediglich auf einer Hausecke steht; schließlich sind bei der Plastik Zwei Häuser zwischen Stangen zwei sich berührende und auch teilweise auf das Dach gedrehte Häuser über dem Erdboden zwischen zwei Stangen geklemmt. Dabei vermitteln die Plastiken jedoch keineswegs den Eindruck von sogenannten Drop- und Plop-Sculptures, d. h. wie scheinbar zufällig vom Himmel gefallene und platzierte Skulpturen im Außenraum (vgl. Pamela C. Scorzin), sondern scheinen sich vielmehr den Gesetzen der Schwerkraft zu entziehen.
Hinzukommend stehen die Plastiken Pokornys durch ihr witterungsabhängiges Material Stahl, ihre damit verbundene Oberflächenfarbe und ihre innere Hohlheit in deutlichem Kontrast zur Kulisse der Warenhäuser in der Innenstadt und zu grundsätzlich gängigen Vorstellungen von Häusern. Steht das Haus für Schutz, Behausung, Umschließung usw. so verunsichern die Plastiken Pokornys; sie bestehen zwar aus eindeutig zu identifizierenden Formen, verweigern sich hingegen durch ihren Abstraktionsgrad einer eindeutigen Sinnzuschreibung, geschweige denn einer Reproduktion bekannter Vorstellungen von Behausungskontexten. Sie können als Angebote verstanden werden, Assoziationen, Erfahrungen, Vorstellungen und auch Befindlichkeiten der kulturell wandelbaren und zugleich stets gegenwärtigen Thematik der Behausung weiterzudenken. Dadurch, dass sie nicht in einem Museum, sondern in einer Fußgängerzone stehen, sind sie für jede Person zu jeder Zeit zugänglich.
Hierfür hat sowohl der 1949 in Mosbach geborene und neben seiner bildhauerischen Tätigkeit auch als Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttart lehrende Werner Pokorny als auch die Niedersächsische Lottostiftung gesorgt: Sie haben der Stadt Hildesheim die drei Skulpturen als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt.
(Hinweis: Inzwischen werden nur noch die Skulptur Haus mit durchbrochener Form auf dem Pelizaeusplatz und Zwei Häuser zwischen Stangen in der Fußgängerzone in Hildesheim gezeigt.)
Text: Myriam Naumann / © Kulturbüro Landkreis Hildesheim