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Die Synagoge in Gronau 1938

Eine Geschichte aus Gronau, verfasst von Friedrich Klingeberg

Wirres Geschrei auf der Südstraße. Das ist das Erste, das mir in den Sinn kommt, wenn ich an diese Nacht zurückdenke.

Durch eine spaltbreite Öffnung unseres Gartentores sehe ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor der Synagoge einen aufgeregt gestikulierenden, wild schreienden Menschenhaufen. „Die wollen den Judentempel anstecken“, sagt hinter mir meine Tante. Sie lässt aber vorerst nicht zu, dass ich hinausgehe, um das Geschehen genauer zu beobachten. Männer, teils braun uniformiert, hantieren mit Feuer, schreien: „Anstecken! Abbrennen!“ Sie laufen durch die geöffnete Tür in die Synagoge, kommen wieder heraus und schleppen irgendetwas mit sich. Nachbarn aus den Häusern neben der Synagoge schreien: „Das dürft ihr nicht, ihr brennt ja unsere Häuser mit ab!“

Die Situation wird bedrohlicher; ein Nachbar holt seine Pferdepeitsche und droht den Uniformierten Schläge an. Wassereimer werden herbeigeschleppt und nach langem, lautem Geschrei wird offensichtlich die Gefahr für die Nachbarhäuser erkannt. Die Nationalsozialisten entschließen sich, die gesamte Einrichtung der Synagoge herauszubrechen, sie auf den Marktplatz zu bringen und dort zu verbrennen.

Als es später in der Südstraße ruhiger wird, nimmt mich meine Tante an die Hand und wir schleichen uns an den Marktplatz.„Das dürfen die doch nicht“, stammelt sie unter Tränen.

Verstanden habe ich das damals alles nicht. Ich war erst vier Jahre alt.

Die Nazis haben in diesem Zusammenhang auch den jüdischen Friedhof am Windmühlenberg verwüstet und einen Kartoffelacker daraus gemacht. Etliche Grabsteine wurden abgeschliffen und in Gronau verkauft. Die spätere Wiederherstellung des Friedhofes geschah unter völliger Missachtung der Tradition jüdischer Grabanlagen.

Die – inzwischen entwidmete – Synagoge steht noch heute an ihrem Platz, dank des Einsatzes der damaligen Nachbarn.