Der Leine-Heide-Fernradweg
Eine Geschichte aus Gronau, verfasst von Dieter Helwes, Samtgemeindedirektor a. D.
Der Leine-Heide-Radweg – jetzt auch in Sichtweite der Leine
Ein Projekt, das mir als Samtgemeindedirektor besonders am Herzen lag, ist der Leine-Heide-Radweg – weil ich selbst leidenschaftlicher Radler bin, vor allem aber, weil Wege verbinden: Dorf mit Dorf, Stadt mit Stadt. Im Falle des Leine-Heide-Radweges sogar Bundesland mit Bundesland.
Um 2012 wurde der Leine-Radweg zwischen Leinefelden in Thüringen (Quelle) und Schwarmstedt (Niedersachsen), wo die Leine in die Aller mündet, erweitert und in Leine-Heide-Radweg umbenannt. Über Schwarmstedt hinaus führt er seitdem durch die Lüneburger Heide bis zum Hamburger Hauptbahnhof. Die Gesamtstrecke beträgt 413 Kilometer und verbindet die abwechslungsreiche Mittelgebirgslandschaft des Leineberglandes mit der eher flachen Landschaft der Lüneburger Heide und der Hansestadt Hamburg.
Leine-Radweg fernab der Leine
Im Landkreis Hildesheim zwischen Freden im Süden und Sarstedt im Norden verlief die Route zunächst weitgehend auf stark befahrenen Landstraßen oder Radwegen direkt daneben. Die Radwanderer hatten somit aufgrund des Straßenlärms und der nicht immer ungefährlichen Verkehrssituation wenig Muse, den Blick nach links und rechts in die Mittelgebirgslandschaft des Leineberglandes schweifen zu lassen. Und Kontakt mit der Leineaue, geschweige denn mit dem namensgebenden Fluss Leine, hatten sie kaum.
Die Wegführung war ungünstig, aber historisch gewachsen. Schiffe können diesen Leine-Abschnitt nämlich nicht befahren. Daher gibt es hier an den Ufern keine Treidelpfade, auf denen vor der Erfindung der Dampfmaschine Schiffe flussaufwärts gezogen wurden. Stattdessen reichen die privaten Grundstücke bis an die Ufer, und die zum Befahren mit dem Rad geeigneten Wege, die die Felder und Wiesen erschließen, verlaufen in der Regel abseits des Flusses.
Sternfahrten mit dem Drahtesel
Um die Kontakte zwischen den Orten und deren Einwohnern entlang „unseres“ Teils des Leine-Radweges zu verstärken, organisierte ich ab 2001 alljährlich eine Sternfahrt: Von Freden im Süden und Sarstedt im Norden aus starteten jeweils zwischen 100 und 250 Teilnehmende aus dem Landkreis Hildesheim auf dem Leine-Radweg in Richtung eines immer wieder wechselnden Treffpunktes.
Auch nach Ausscheiden aus dem Dienst der Samtgemeinde Gronau (Leine) 2007 habe ich diese Sternfahrt noch bis 2010 weiter organisiert, aber leider niemanden gefunden, der den Staffelstab übernehmen wollte. Vielleicht liest dies hier ja jemand, der ebenfalls gerne an der Leine entlangradelt und die Sternfahrt neu aufleben lässt? Darüber würde ich mich sehr freuen.
Wie Europa Weitblick beim Radeln ermöglichte
Gemäß der „Europäischen Wasserrahmenrichtlinie“ galt es Anfang der 2000er-Jahre, alle Gewässer einschließlich des Grundwassers bis 2025 in einen ‚guten Zustand‘ zu versetzen. Ich war Teil des dazu im Landkreis Hildesheim von 2002 bis 2004 gebildeten Arbeitskreises Gewässerentwicklungsplan Leine. Unter den Beteiligten wuchs das Interesse daran, den „Erlebnisraum Leine“ und den Radweg stärker ins Interesse der Öffentlichkeit zu rücken.
2006 schlossen sich die Kommunen Freden, Alfeld, Gronau, Lamspringe, Sibbesse, Duingen, Elze und Delligsen für ein regionales Entwicklungskonzept zusammen und wurden vom Land Niedersachsen von 2007 bis 2014 als Leader-Region Leinebergland mit EU-Mitteln zur Umsetzung des vorgelegten Konzeptes ausgestattet. Zu den Vorsitzenden der Leader-Region wurden Karl-Heinz Duwe, damals Bürgermeister von Alfeld, und ich gewählt. Nun hatte ich die Möglichkeit, neuen Schwung in die Überlegungen rund um die Optimierung der Streckenführung des Leine-Heide-Radweges zu bringen.
An der Leine unterwegs wie auf dem „Deich“
Eine der Maßnahmen zielte auf den Abschnitt zwischen Brüggen und Gronau ab. Dort verlief der Radweg an der Landesstraße, und ab Rheden konnte man in die Feldmark abbiegen. Doch war das Verkehrsaufkommen auf der Straße sehr hoch und damit sehr laut. Und die Querung bei Rheden war riskant. Der sogenannte Laakedamm, ein rund 3,5 Kilometer langer Hochwasserdamm zwischen Brüggen und Gronau bot sich als neue Linienführung an – abseits der lauten und gefährlichen Straße und teilweise mit Blick auf die Leine. Ich konnte die fünf Eigentümer des Laakedammes für den Plan gewinnen, und die Stadt Gronau richtete den Radweg auf der Dammkrone her: Seit 2014 können ihn Fußgänger und Radfahrer benutzen; 2018 wurde die Oberfläche ausgebessert.
Jedes Mal, wenn ich den Laakedamm mit dem Fahrrad befahre, genieße ich die Ruhe und das Panorama. Und ich freue mich darüber, dass die örtlichen Gasthäuser und Hotels von den einkehrenden Gästen und deren Übernachtung profitieren. Und bald werden hoffentlich noch mehr Radwanderer in den Genuss des „neuen Weitblicks“ auf dem Leine-Heide-Fernradweg kommen: Der Verein Region Leinebergland e.V. – Nachfolger der Leader- Region Leinebergland – hat das Thema Wandern zum Leitbild seines 2018 fertiggestellten Tourismuskonzepts gewählt. Dazu gehört natürlich auch das Radwandern.