Spuren von historischen Produktionsstätten
Historischer Töpferofen
Zu finden: in unmittelbarer Nähe der Gaststätte „Siegfrieds Klause“, Landstraße 2
Coppengrave gehörte im Mittelalter mit den Nachbarorten Duingen und Hohenbüchen zu den Töpferhochburgen der Region. Grundlage für die Produktion von Töpferwaren in Coppengrave war die Tonvorkommen im Ort selbst. Viele in Coppengrave angesiedelte Töpfereien verkauften ihre Keramiken über Topfhändler über die Region hinaus bis nach Skandinavien und England.
Doch obwohl 1885 die letzte Töpferwerkstatt ihre Arbeit eingestellt hatte, nutzte man die qualitativ guten Tonvorkommen vor Ort weiter. In der 1923 in Coppengrave gegründeten Tonindustrie Niedersachsen, die Mitte der 1930er Jahre wegen steigender Produktionsnachfrage weitere Tonabbaugebiete erwarb, stellten Generationen von Arbeitern Dachziegel, Klinker, Keramik und Blumentöpfe her.
Auch dieser in Coppengraves erfolgreiche Industriebetrieb ist seit 1886 geschlossen und gehört nun der Geschichte an. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass die Coppengraver einen endgültigen Strich unter die Geschichte der Töpferproduktion ihres Ortes ziehen. Vielmehr rekonstruierten und errichteten sie zur 600-Jahrfeier im Jahre 2000 einen 6,20m langen und 80 cm hohen Töpferofen nach mittelalterlichen Vorbildern und Coppengraver Funden und starteten so ein weltweit einmaliges archäologisches Langzeitprojekt. Unter fachkundiger Begleitung des Göttinger Universitätsprofessors Dr. Hans-Georg Stephan und dem Kunsttöpfer Johannes Klett-Drechsel aus Fredelsloh konnten schon bald wichtige Erkenntnisse über die Herstellung historischer Steinzeuggefäße und über den Bau, den Betrieb und die Stabilität mittelalterlicher Brennöfen, die auch in Coppengrave genutzt wurden, gewonnen werden.
Das Gerüst des rekonstruierten Töpferofens bestand aus gebogenen Weidenruten. Dieses wurde von innen und außen mit Lehm bestrichen. Der Coppengraver Ofen besteht aus einem an einem Hang liegenden Tunnel, an dessen unterem Ende sich der Feuerraum befindet. In „einer davor liegenden Grube im Boden saßen die Töpfer und heizten den Ofen mit Buchenästen. Die Brennkammer ist vom Feuerungsraum durch fünf Säulen aus lehmverschmierten Töpfen getrennt...So können Flammen und Rauch während des Brandes durch den ganzen Ofen ziehen. Am oberen Ende des Ofens befindet sich eine Öffnung oder ein Schornstein, durch die die heiße Luft abzieht. Außerdem gibt es in der Kuppel des Ofens mehrere verschließbare Luftlöcher. Ein- und Ausräumen kann man den Ofen durch eine große Öffnung an der Längsseite der Brennkammer, die während des Brandes vermauert ist. Um den Brennvorgang zu kontrollieren, wurde ein Guckloch freigelassen und lose mit einem Lehmziegel verschlossen“ (aus der Infotafel am Hist. Brennofen).
Heute weiß man, dass der Brand der Töpferwaren sich über mehrere Tage erstreckte. Über einen Zeitraum von etwa 14 Stunden musste die Temperatur kontinuierlich auf 1160-1200 °C gesteigert werden, wofür die Töpfer regelmäßig in Minutenabständen Holz nachlegten. Für den Brennvorgang musste diese Temperatur schließlich über 10 Stunden gehalten werden. Nach Beendigung des Brennvorganges durfte der Ofen erst nach drei Tagen Abkühlzeit geöffnet und die gebrannten Waren entnommen werden.
Der Coppengraver Töpferofen ist durch eine Holz-Glas-Konstruktion geschützt und kann jederzeit besichtigt werden. Hier sind u.a. auch kleine Miniaturpferdchen ausgestellt. Spielzeugpferdchen dieser Art wurden nicht nur hier in Coppengrave, sondern zwischen dem 12. und 15. Jh. in zahlreichen Töpferzentren in ganz Deutschland produziert.
Mehrere Schautafeln geben Auskunft über seine Funktionsweise und die Geschichte des Töpferhandwerks in der Region. Ein direkter Zugang zum Historischen Töpferofen ist allerdings nur über Führungen möglich. Führungen bietet Ingrid Wolfsberger, die Leiterin des Duinger Töpfermuseums an. Sie ist zu erreichen unter der Tel.Nr. 0170-7069219 und über kontakt@toepfermuseum-duingen.de.
Häuser mit Töpferschild
Zu finden: Auf dem Anger 6
Dass Coppengrave einst wichtiger Töpferort des Pottlandes war, kann man zumindest noch erahnen, wenn man mit Adleraugen durch das Dorf schlendert. Anders als im nahegelegenen Duingen kann man hier allerdings nur noch an zwei Häusern ein Töpferschild neben der Haustür erkennen – ein eindeutiges Zeichen dafür, dass genau an dieser Stelle zur Blütezeit des Töpferhandwerks die Werkstatt und das Haus eines Töpfers und seiner Familie stand. Am Haus „Auf dem Anger“ 6 gleich links neben der Kirche kann man beispielsweise eines dieser Töpferschilder finden.
Ehemalige Ziegelei der „Tonindustrie Niedersachsen“
Zu finden: zwischen Coppengrave und Hohe Warte, Koppelweg/Ziegeleiweg
Die Tonindustrie Niedersachsen wurde am 6.März 1923 in Coppengrave gegründet. Vorsitzender der Gründungsgesellschaft war der Ziegeleifachmann Christian Spies aus Göttingen. Im Verlaufe von drei Jahren ließ das Unternehmen zunächst Fabrikgebäude und einen Zickzackofen bauen und konnte 1926 mit der Produktion beginnen. Infolge der Weltwirtschaftskrise kam es jedoch bald zu ernstzunehmenden wirtschaftlichen Problemen, die sich mit dem Eintritt des erfahrenen Ziegeleiunternehmers Georg Gott ab 1932 positiv veränderte. Durch neue Impulse von seiner Seite und die sich langsam verbessernde Konjunkturlage konnte die Ziegelei mit Spies und Gott an der Spitze bald weiter ausgebaut und modernisiert und weitere Tonabbaugebiete erworben werden.
Während des 2. Weltkrieges erlebte das Unternehmen infolge von Arbeitskräfte -, Kohle- und Ersatzteilmangels einen Entwicklungsstillstand, der erst nach Kriegsende überwunden wurde. Wie viele Unternehmen Deutschlands profitierte auch die Tonindustrie Niedersachsen von der großen Nachfrage nach Dachziegeln für den Wiederaufbau des zerstörten Landes, konnte bald modernisieren und vergrößern. Eine ab 1954 in Coppengrave eingesetzte Dachziegelvollautomatik machte die Tonindustrie Niedersachsen zum fortschrittlichsten Dachziegelwerk für Hohlpfannen in der BRD. An diesem enormen Aufschwung des Unternehmens ließ Georg Gott die Mitarbeiter durch den Ausbau sozialer Einrichtungen und Sportstätten, eine zusätzliche Altersvorsorge und die Förderung des Eigenheimbaus in Coppengrave teilhaben.
Nach dem Tod von Georg Gott im Jahre 1962 trat sein Sohn Hans-Georg in seine Fußstapfen. Unter seiner Leitung erweiterte die Tonindustrie Niedersachsen ihr Produktangebot um die Herstellung von Verblendklinkern, ab 1968 stellte man in Coppengrave außerdem Fensterbänke und Heizkörperplatten her. Ab 1966 wurden die Waren über die Kleinbahn VDD (Volldagsen – Duingen – Delligsen) transportiert. Zu dieser Zeit verfügte Coppengrave auch über einen kleinen Bahnhof, über den die Bevölkerung mit der Kleinbahn die angeschlossenen Orte mit Haltepunkt erreichen konnte.
Nach dem frühen Tod von Hans-Georg Gott im selben Jahr übernahm der seit 1935 im Betrieb als Prokurist tätige Hugo Hallensleben die Firmenleitung. Lang andauernde Streitigkeiten um den Nachlass Gotts auf der einen Seite sowie Ansprüche der Erben des Firmengründers Spies führten über Monate fast zum Stillstand der Produktion in Coppengrave. Erst als Maria Gott im Jahre 1969 ausbezahlt wurde, kam die Entwicklung des Betriebes wieder in Gang.
Nach dem Ausscheiden von Hallensleben aus Altersgründen ging das Unternehmen und Leitung auf die Erben der Familien Spies und Gott. Durch erneute Modernisierungsmaßnahmen konnten Verblendklinker – und Ziegel-Produktion, so u.a. die in Coppengrave häufig verbauten gelben Verblendklinker, weiterhin gesteigert werden. Darüber hinaus wurden weiße Klinker aus Westerwälder Ton hergestellt. Die Ölkrise der 1970er Jahre führte zur Umstellung der Befeuerung des Tunnelofens von Öl auf Steinkohle, um die Rentabilität des Ziegeleiwerkes weiterhin zu sichern. Der Vertrieb der Waren verlief über Werksangehörige Außendienstmitarbeiter und Vertriebsagenturen.
Vier Jahre nach dem 50-jährigen Firmenjubiläum schlossen sich die Tonindustrie Niedersachsen und das in finanzielle Schwierigkeiten geratene „Hilstonwerk“ in Hohe Warte zusammen und firmierten seit 1977 unter dem Namen „Vereinigte Ziegeleiwerke Coppengrave“. Fortan stellte nur das Hilstonwerk Klinker her, während die Produktion der Dachziegel in Coppengrave verblieb. Nur fünf Jahre später wurde die neue Firma insolvent. Trotz eines weiteren Versuchs einer Neugründung musste die gesamte Produktion in Coppengrave aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt werden. Am 17. September 1986 wurde die Konkursmasse in Siegfrieds Klause in Coppengrave versteigert.