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Eine Reise ins Lauensteinische 1769

1769 verfasste ein Unbekannter einen Bericht über eine Reise, die ihn in das Amt Lauenstein und unter anderem auch nach Marienhagen führte. Begleitet wurde er vom Amtmann Rautenberg, bei dem er auf der Domäne Eggersen in der Nähe von Salzhemmendorf zu Gast war.

Dass Marienhagen damals ein armes Dorf, die Umgebung aber bekanntermaßen reich an mineralogischen Schätzen war, ist diesem Reisebericht zu entnehmen.

Längst hatte ich gewünscht, eine Theil des Amts Lauenstein zu sehen, als ich von dem lauensteinischen Herrn Amtsmann Rautenberg eine Einladung nach Eggersen erhielt.

Diese konnte mir also nicht anders als angenehm sein, und da eben zugleich meine Geschäfte es erlaubten, begab ich mich den 25 ten August dahin auf den Weg.

Dieser geht, von Hannover, durch Linden, der Landwehrschenke vorbei, auf Arnum, vor Pattensen hin auf Thiedenwiese; von da, über Wülfingen, Hallerburg, Mehle, ins Amt Lauenstein auf Benstorf, Oldendorf, Salzhemmendorf, Eggersen.

Eggersen ist die Wohnung des ersten Beamten, und schließt verschiedene königliche Pachthaushaltungsgebäude in sich. Es wird von der Saale umflossen, die sich daselbst, und wie es scheint durch Kunst, in zwei Arme theilt. Es liegt in einem mehr langen als breiten Thal und hat gegen die es umkränzenden Berge sehr angenehme Aussichten.

Ein Wirth von der Art des Herrn Amtmanns ist für einen Reisenden, der nicht seichte Vergnügungen sucht, ein gefundener wahrer Schatz.

Seine Kenntnis von dem, was das Amt Merkwürdiges hat, kann die Neugirde des Reisenden auf sehr mannigfaltige Weise beschäftigen und durch belehrende Anweisungen befriedigen, wie ich zu meinem Vorteil erfahren habe. Denn, alle folgende Anmerkungen, die ich gemacht, habe ich seiner Führung zu danken, da ich keinen Schritt gethan, auf welchen Er mich nicht begleitet hätte (...)

Da ich aus mineralogischen Schriften und sonst, die Merkwürdigkeit des Dorfes Marienhagen, wie verschiedener anderer hiesiger Orter und Gegenden, kannte, so war ich begierig, sie zu sehen.

Der Herr Amtmann führte mich demnach zuerst den 26 ten nach Marienhagen. Dies ist ein elendiges Dorf,voll armer und, wie es auch die feuchte Lage des Orts, der Last von Bergen ganz eingeschlossen ist,befürchten läßt, kränkliche Inwohner.Die sehr verfallene Kirche, welche ohne außerordentliche Beihülfe nicht wieder in gehörigen Stand gesetzt werden kann, drohet alle Augenblick einzustürzen, und man ist, nur um das zu besorgende Unglück etwas zu entfernen, genötigt gewesen,sie zu stützen, wozu, wegen der großen Dürftigkeit des Orts, der Herr Amtmann 14 ....? , vorgeschossen hat, welche die Gemeinde erst in vier Monaten wieder zu erstatten sich getrauet.

Ich wünschte, daß es möglich wäre, dieses Dorf nach und nach gänzlich eingehen zu lassen, und dagegen die Häuser auf jedes Inhabers Länderei zu versetzen: wie, zu würklich großer Bequemlichkeit des Landmannes, die Bauernhäuser in einigen Districten der Schweiz gesetzt sind.

Was ich in diesem Orte eigentlich suchte, sind versteinerte oder aber zu Kies (der aus Schwefel und Eisen besteht,) gewordene Seethierkörper oder vielmehr Schalen und Kerne derselben, die oft, wie der schon längst gemachte Vorrath davon in meiner kleinen Naturaliensammlung zeige, überaus schön find.

Kurz vor Marienhagen in dem Hohlen Wege, der ganz felsig ist, fand ich schon versteinte gestreifte Behrmuscheln (Terebrateln) , wie nicht weniger eine 4 Zoll lange versteinte Schnecke (Buccinite). Beider Erdart ist Kachig und weißgrau oder gelblichgrau, der Grund und Boden aber leimen mit etwas Sand.

Weiter hinunter und selbst im Dorfe dringt aus den höher gelegenen Wiesen in den Weg herunter Wasser, das den Regengüssen zu einen kleinen Bach erwächst, durch dessen Gewalt aus der Erde, die hier aus einen bläulichen Thon besteht, kiesigte sehr kleine Müschelchen und Amoniten (jene Seeschnecke, von deren Orginalien noch so wenige und höchst kleine Arten aus dem Meere hervorgezogen worden, so viele man auch versteinert in der Erde antrift) losgespült werden, von der Größe einer Linse bis zu der eines Guldens, welche letztere jedoch sehr selten und kaum anders als in Bruchstücken vorkommen.

Ihnen sind angewachsen oder liegen frei dazwischen christallinische längliche, und sternähnliche ründliche kleine Kiese. Zuweilen findet man auch von denen gekammerten, zugespitzten und ungewundeten Schnecken, oder sogenannten Belerniten, von der Farbe des Bodens und ebenfalls sehr klein.

Diese sind nicht kiesig, sonder kalchigt, obgleich ihre gekammerte Kerne zu ihrem Grundwesen Kies zu haben pflegen; einer Faust dicke Steine, voll Abdrücke von gestrieften Muscheln und einigen Muscheln selbst, die hie und da etwas von einen kiesigen Überzug zeigen. Diese Steine sind theil bläulich, theil rostig, und haben eine betächtliche schwere.

Von Marienhagen sind wir dann nach Weensen gefahren ...

Dass Marienhagens Steinbrüche gut einhundert Jahre später zu wirtschaftlichem Aufschwung verhelfen würden, konnte damals niemand ahnen.