Inhalt

Der nächtliche Pflüger

In der Masch, einem Flurstück nach Groß Förste zu, wollen früher manche in der Geisterstunde heimkehrende Zecher einen rotglühendes Pferdegespann mit Pflug und Pflüger gesehen haben. Einige Mutige, die nicht sogleich Fersengeld gegeben hatten, behaupten, der Geisterpflüger habe zwar den Pflug gehalten, aber keine neue Furche gezogen.

Manche Vermutungen wurden dazu abgegeben. Oft meinten die Leute im Dorf, es sei wohl der Bauer, der, weil er zu seinen Lebzeiten Unrecht getan habe, im Jenseits keine Ruhe finden könne und nun zum Spoiken, d.h. zum Geistern verdammt sei.

Einst lebte in Klein Förste ein Großknecht, der bei einem Bauern diente. Er war mit einem Mädchen aus Groß Förste verlobt. An einem Herbstabend hatte er seine Braut im Nachbarort besucht und sich dort länger als gewollt aufgehalten. Nun war es fast Mitternacht geworden, und der Großknecht machte sich eilends auf den Heimweg quer durchs Feld. Mit seinen Gedanken war er noch bei seiner Braut, als plötzlich zwölf langhallende Schläge von der Klein Förster Kapellenuhr durch die nächtliche Stille erklangen. Er schreckte aus seinen Gedanken auf, hob die Augen und sah plötzlich den glühenden Pflüger vor sich. Einen Augenblick übermannte ihn die Furcht, und fast wäre er weggelaufen; doch dann fasste er sich ein Herz und sah die Erscheinung genau an.

Tatsächlich, es stimmte, was man sich im Dorf erzählte! Kein Krümchen Erde bewegte sich beim Pflügen. Das Geistergespann kam näher. Der Knecht stand wie angewachsen und bemerkte, wie die Gestalt, die den Pflug führte, zu ihm herübersah.

Auf einmal wich alle Angst von ihm. Er schritt auf das Gespann zu, sagte forsch: Loat mek moal pleugen! und fasste den Pflug an. Tatsächlich, die Geisterpferde zogen richtig an, und die Ackerkrume legte sich um, wie er es gewohnt war.

Als er am Ackerrand ankam, gab es einen gräßlichen Knall, und alles, die Pferde, der Pflug und auch der glühende Bauer, war verschwunden. Der Knecht stand wieder allein in der stockfinsteren Nacht. Er zögerte nicht lange und ging eilends ins Dorf.

Viel Schlaf fand er in dieser Nacht nicht. Am nächsten Morgen berichtete er das Erlebte sofort dem Bauern. Doch dieser und auch andere, denen er das nächtliche Geschehen schilderte, wollten ihm nicht so recht glauben. Da zeigte er seine Hände vor; die Innenflächen waren wie verbrannt.

Seit dieser Zeit war der Großknecht nicht mehr so ausgelassen und lustig wie früher. Und den Weg nach Groß Förste, vorbei an der Stelle, an der er dem Geisterbauern das Pflügen gezeigt hatte, ist er nur noch am Tage gegangen.