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Geschichtliches

Volkersheim verdankt seinen Namen vermutlich einem Mann namens Volker, der das erste Gehöft hier errichtete und sein Heim nannte. Mit dieser Bezeichnung gehört der Ort zu der Gruppe von „Heimsiedlungen“ und damit zu den ältesten Siedlungen des Ambergau. Er wird bereits 1131 in einer Urkunde zur Klostergründung Backenrode bei Hildesheim, dem heutigen Marienrode erwähnt – ein Straßenname im Ort erinnert an diese Verbindung. 1143 tauchte er schon unter seinem noch heute bestehenden Namen in einer Urkunde des Klosters Derneburg auf, aber auch die Schreibweisen Volquersem, Volkersem und Volkersum wurden in anderen Urkunden verwendet. Über Besitz in Volkersheim verfügten außerdem das Michaeliskloster in Hildesheim, die Familie von Wallmoden, die Grafen von Wohldenberg und die Ritter von Cramm.

Ab dem 15. Jh. wurde die Geschichte des Dorfes stark durch dieses Adelsgeschlecht geprägt. 1476 wurden die Herren von Cramm von Herzog Wilhelm d. Ä. mit dem Vollbesitz der Dörfer Volkersheim und Tellhausen, das heute nicht mehr existiert, belehnt.

Ende des 16. Jh. wandelte sich Volkersheim durch die Gründung zweier Adelshöfe, den Ober- und Unterhof, von einem Bauerndorf zu einem Gutsdorf. Hierfür übernahmen die von Cramm fünf der zu dieser Zeit bestehenden sechs Ackerhöfe und teilten sie den beiden Gutshöfen zu. Nur einer der bisherigen Ackerhöfe blieb als eigenständig bestehen, der heutige Hof Lange, den die beiden folgenden Abbildungen zeigen. Dieser und kleinere Höfe hatten den Gutsherren Hand- und Spanndienste sowie Botendienste bis zu einer Entfernung von 30 km zu leisten.

1611 entstand unter Heinrich von Cramm auf dem Unterhof der erste Adelssitz, 75 Jahre später ein weiterer auf dem Oberhof, den die folgende Abbildung zeigt.

Diesen nutzte ein anderer Zweig der Adelsfamilie, nachdem man zunächst im Bergfrieden, dem alten Gerichtsgebäude neben der Kirche, residiert hatte. Bereits seit 1655 lag die Gerichtsbarkeit über Dorf- und Feldmark sowie ein für Volkersheim besonderes Hägegericht in den Händen der Adelsfamilie, außerdem das Brau- und Krugrecht. Noch weiter zurück liegen die Anfänge der ersten Volkersheimer Ziegelei, die die Gutsherren seit 1564 bis 1787 betrieben. Einer ausführlichen Dorfbeschreibung aus dem Jahre 1761 zufolge erweist nach Einschätzung Manfred Klaubes Volkersheim ausgangs des 18. Jahrhunderts bezogen auf seine wirtschaftliche und soziale Struktur als das am weitgehend differenzierte dörfliche Gemeinwesen im Ambergau. Seine relativ hohe Entwicklung ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Aktivitäten der beiden Grundherren, die sowohl in der Ortschaft selber als auch in der Flur und in der Waldung alle wichtigen Gerechtigkeiten innehaben.  Zugleich ist Volkersheim neben Werder das einzige Gutsdorf im Ambergau, unterscheidet sich von diesem aber dadurch, dass in ihm der Grundherr auf einem Adelshof seinen herrschaftlichen Besitz hat und nahm somit unter den Ambergaudörfern in der Zeitspanne zwischen dem 15./16. bis zum 19. Jh. eine Sonderstellung ein.

1794 vereinigte August Adolf von Cramm beide Adelsgüter in Volkersheim und gab den Bau eines Schlosses auf dem Unterhof in Auftrag. Es wird heute jedoch nicht mehr als Wohnsitz der Adelsfamilie genutzt.

Letzte Besitzer der Familie von Cramm waren im 19. Jh. Albert und seine Frau Clara, geb. Krosigh. Da ihre Ehe kinderlos blieb, adoptierte das Ehepaar eine Nichte Claras, Hedwig Krosigh. Diese heiratete 1847 Albrecht Wilhelm Boris von Gadenstedt, der aber schon früh verstarb und daher nie in den Besitz des Gutes kam. Nach dem Tod ihres Adoptivvaters im Jahre 1885 übertrug Hedwig ihrem Sohn Albrecht Wilhelm Gustav von Gadenstedt das Rittergut Volkersheim. Seitdem ist der Name von Cramm in Volkersheim verschwunden.

Dass das Verhältnis zwischen den Volkersheimern und ihren Lehnsherren von Cramm aber nicht immer einvernehmlich war, zeigt ein Blick zurück auf einen sich über drei Jahrhunderte erstreckenden Streit um die Nutzungsrechte am Volkersheimer Wald. Die Dorfbewohner hatten seit jeher das Recht, den Wald als Viehweide und zur Holzbeschaffung zu nutzen. Als Holz jedoch zunehmend durch Schiffs- und Städtebau an Bedeutung gewann und zur Handelsware wurde, übernahm der Staat im Jahre 1547 die Forstaufsicht. Diese wurde in Volkersheim zwar den Herren von Cramm übertragen, das Nutzungsrecht des Waldes für die Bevölkerung blieb dadurch aber unangetastet. Dennoch versuchten die Lehnsherren den Gemeindeforst in ihren Besitz zu bringen. Immer wieder wurden den im Dorf lebenden Menschen ihre Rechte an Bau- und Brennholz verweigert oder diese im Falle des Verkaufes von Häusern dazu verpflichtet, ein Drittel des Verkaufserlöses an die Familie von Cramm zu entrichten, da diese einst das Bauholz geliefert hatte.

Mehrfach kam es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Volkersheimern und der Familie von Cramm, wobei die Dorfbevölkerung in ihren Rechten bestätigt wurde. Der letzte „große Kampf um den Volkersheimer Wald“ begann nach Berichten von Heinrich Bothe in der Chronik seines Ortes im Jahre 1851 und „nach sieben Jahren entschied das Gericht in Gandersheim, dass Landrat von Cramm verpflichtet sei, der dortigen Gemeinde (...) aus den „Gutsforsten“ bei allen erforderlichen Neubauten und Reparaturen das gesamte Bauholz und nötige Brennholz gegen Erstattung der Bereitelöhne forstzinsfrei zu liefern. Von Cramm gab nicht nach und siegte zuletzt. Nach elfjähriger Dauer endete 1861 die Holzberechtigungsklage für die Gemeinde mit einem mageren Vergleich. (...) Mit einer Ablösesumme von 3.000 Thalern, die v. Cramm an die Gemeinde zahlte, wurden die alten Holzrechte begraben.“

Nach der Aufhebung der Herrendienste an die Lehnsherren und das Ende der Zahlungen an umliegende Klöster und Stifte ging das bis dahin als Lehen vergebene Land Ende des 19. Jh. in das Eigentum der Bauern über und die Landwirtschaft erlebte einen Aufschwung. Auch zahlreiche Handwerksbetriebe wie Schuster, Schneider, Schmiede, Tischler, Stellmacher, Zimmerleute und Maurer profitieren in Volkersheim von der durchgeführten Land- und Bodenreform und dem Entstehen einiger Industriebetriebe insbesondere im nahegelegenen Bockenem.

Heute ist Volkersheim mit gut 800 Einwohnern jedoch kein vorwiegend landwirtschaftlicher Ort mehr und die ehemals profitablen Handwerksbetriebe sind verschwunden. Von ehemals zwei Sägewerken ist noch eines in Betrieb. Auch die Mühle von Volkersheim, die heute ohne Flügel dasteht, leistet keine Dienste mehr. An die Bedeutung dieser Mühle erinnern die Volkersheimer jedoch noch in ihrem Dorfwappen: Vor gelbem und blauem Hintergrund prangt die Mühle, so rot wie ihr Original, hier aber natürlich mit Flügeln.

Für einen Einschnitt im buchstäblichen Sinne sorgte der Bau der Autobahn 7. Seit Dezember 1960 führt diese zwischen Kempen/Allgäu und Flensburg direkt an Volkersheim vorbei und durchschneidet die Volkersheimer Feldmark. Über einige Jahre beherbergten zahlreiche Familien in Volkersheim und den Nachbardörfern die beim Autobahnbau beschäftigten Mitarbeiter und verdiente sich so die eine oder andere Mark dazu.

Die Zufahrt zur Autobahn ist innerhalb weniger Minuten über die Anschlussstelle „Bockenem“ zu erreichen, was nicht nur für die überwiegend außerhalb ihres Wohnortes berufstätigen Volkersheimer von großem Vorteil ist. Die Entfernungen zu den Nachbarorten Schlewecke im Norden und Mahlum im Süden sowie zum Gemeindemittelpunkt Bockenem, zu dem Volkersheim seit 1974 mit 17 weiteren Ortsteilen gehört, betragen jeweils nur etwa zwei Kilometer.