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Spuren von historischen Produktionsstätten

Die Entwicklung des von Handwerkern und Ackerbauern geprägten Bockenem nahm eine entscheidende Wende mit der Ansiedlung mehrerer Industriebetriebe, von deren Existenz man im heutigen Stadtbild jedoch kaum noch etwas erahnen oder gar sehen kann. Umfangreiches und anschauliches Informations- und Bildmaterial wurde aber im Museum der Zeit am Buchholzmarkt zusammengetragen.

Turmuhrenfabrik Weule

Zu finden: Johann-Friedrich-Weule Straße/Steintorstraße, Gebäude existieren nur noch zum Teil

Den Anfang machte der in Alt-Wallmoden geborene Uhrmacher Johann Friedrich Weule, der 1836 ein von Beginn an florierendes Uhrmachergeschäft in Bockenem eröffnete. Obwohl dieses Geschäft beim letzten und größten Brand 1847 den Flammen zum Opfer fiel, verließ Weule die Stadt nicht, sondern wagte mit der Konstruktion und dem Bau von Turmuhren einen Neuanfang. Den ersten Auftrag erhielt er aus den benachbarten Königsdahlum, bald darauf einen noch entscheidenderen für die Turmuhr der Marktkirche von Goslar. Um sein bis dahin noch kleines Unternehmen ausweiten zu können, kaufte er ein Grundstück Am Alten Friedhof, von dem aus er kontinuierlich expandierte. Bis zu seinem Tode im Jahre 1897 umfasste sein Besitz das gesamte Areal bis zum Ausgang der Steintorstraße. Hier standen auf der Nordseite der Industriebetrieb und das Wohnhaus der Familie Weule, während der Unternehmer auf der Südseite einen großen Garten hatte anlegen lassen. Nach der Umstellung der zunächst handwerklichen auf industrielle Fertigung wurde auch die Herstellung von Glocken in das Programm der Herstellung aufgenommen. Die Thurm-, Hof- und Eisenbahn-Uhren-Fabrik von J.F. Weule zu Bockenem entwickelte sich zum führenden Unternehmen Deutschlands auf diesem Sektor und lieferte Uhren und Glocken in alle Länder der Erde. Johann Friedrich übertrug seinen Besitz 1897 auf seine Söhne Friedrich und Wilhelm und bis zum Jahre 1898 war die Fabrik mit 75 Beschäftigten der größte Arbeitgeber Bockenems. Nach dem Tod Friedrichs, der bis dahin Inhaber der Turmuhrenfabrik blieb, ging sie auf dessen Sohn Friedrich über und nur ein Jahr später 1953 in Konkurs.

Auf dem Gelände dieses ersten Industriebetriebs Bockenems besteht heute ein Lebensmittelverbrauchermarkt. Teile des Wohnhauses sind noch erhalten geblieben und an dem hohen und schlanken Glockentürmchen auf seinem Dach zu erkennen. Darüber hinaus erinnern zahlreiche große und kleine Glocken an unterschiedlichen Stellen der Stadt, z.B. am Buchholzmarkt zwischen Kirche und Museum, an dessen Westgiebel oder auch am Ortseingang an der Bönnier Straße an die ehemals so erfolgreiche und weltbekannte Turmuhrenfabrik. Die wahren Prachtstücke der Firma Weule sind allerdings im Turmuhren- und Heimatmuseum am Markt zusammengetragen worden. Den Besucher erwartet hier in mehreren Räumen eine umfangreiche Sammlung von Uhrwerken aus der Produktion Weules, zu der zahlreiche große Kirchturmuhrwerke mit Handaufzug ebenso wie kleinere Werke mit elektrischem Aufzug gehören.

Auch zu weiteren Industriebetrieben der Stadt, die überwiegend von Bürgern Bockenems oder der direkten Umgebung gegründet wurden, findet man im Museum Informationen.

Zuckerfabrik

Zu finden: Gebäude existieren nicht mehr

Auf die Turmuhrenfabrik folgte im März 1873 die Gründung der Aktien-Zuckerfabrik Bockenem durch mehrere Landwirte aus den umliegenden Dörfern und zwei Bockenemer Kaufleute, die ihre Zuckerproduktion 1977 einstellte und deren Gebäude fünf Jahre später zum großen Teil abgerissen wurden.

Konservenfabrik (heute Meteor GmbH)

Zu finden: Industriegebiet Nord, Gebäude existieren aber nicht mehr in dieser Gestalt

An der 1895 gegründeten Konservenfabrik beteiligten sich fünf Bürger Bockenems, zu denen auch der Turmuhren-Fabrikant Johann Friedrich Weule gehörte. Sie entwickelte sich zu einem insbesondere während der beiden Weltkriege erfolgreichen und ganzjährig produzierenden Unternehmen, dass über die Stammbelegschaft hinaus bis zu 300 Saisonarbeiterinnen beschäftigte. Durch eine völlig veränderte Marktsituation und innerbetriebliche finanzielle Engpässe musste die Konservernfabrik ihre Produktion jedoch 1949 einstellen. Auf dem fortan ungenutzte Betriebsgelände nahm aber sechs Jahre später das neu in Bockenem startende Unternehmen, die Meteor Gummiwerke, seine Fertigung auf und erweiterte seine Produktkapazitäten kontinuierlich. 2012 musste Meteor Insolvenz anmelden und wurde im April 2014 von Toyoda Gosei, einem Unternehmen der Toyota Gruppe übernommen. Seit Ende 2019 ist Meteor Elastomer Solutions der neue Eigentümer, das Unternehmen firmiert seitdem unter Meteor GmbH.

Ebenfalls von Bedeutung für Bockenem waren eine Brauerei und ein Molkereibetrieb, beide stellten ihre Produktion jedoch Mitte des 20. Jahrhunderts ein und die Gebäude sind nicht erhalten geblieben.

Zigarrenfabrik

Zu finden: Wasserstraße

Zu sehen ist allerdings noch das Gebäude einer kleinen Zigarrenfabrik in der Wasserstraße in Bockenem, in dem heute zwar keine Rauchwaren mehr hergestellt werden, das aber privat genutzt wird.

Blaufärberei (heute Kulturladen)

Zu finden: Buchholzmarkt 13

An der Ostseite des Buchholzmarktes steht das noch erhalten gebliebene Fachwerkgebäude einer Blaufärberei, in dem sich heute der Kulturladen Bockenems befindet. Noch bis ins 19. Jahrhundert lebten und arbeiteten in Bockenem und den umliegenden Dörfern etwa 50 Leinenweber, deren Stoffe hier in der Blaufärberei weiterverarbeitet wurden. Dabei wurden weiße Stoffe mittels hölzerner Model und in mehrschrittigen Färbeverfahren mit unterschiedlichsten Flächenmustern oder Bordüren indigoblau gefärbt.

Der heute in der Blaufärberei beheimatete Kulturladen ist einer der bekanntesten Kulturveranstaltungsorte in Bockenem und bildet zusammen mit Kulturbüro, Kulturscheune und romantischem Hof ein kulturelles Zentrum für Stadt und Umgebung. Nähere Informationen zum Programm des Kulturladens und seinen regelmäßigen Veranstaltungen finden sich hier.