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Historische Baulichkeiten

St.-Pankratius-Kirche

Zu finden: Buchholzmarkt

Die St.-Pankratius-Kirche, die am höchsten Punkt der Stadt liegt, ist eine gotische, dreischiffige Hallenkirche, die trotz der großen Schäden, die sie vor allem beim letzten Stadtbrand im Jahre 1847 davongetragen hat, wieder aufgebaut wurde wie der Kirchenbau zur Zeit seiner Weihe im Jahre 1403.

An ihrer Stelle hatte es schon eine dem Heiligen Mauritius geweihte Vorgängerkirche gegeben, denn von Bockenem aus begann nach 1050 die Christianisierung des Ambergaus. Zu dieser Zeit war Bockenem Sitz eines Archediakonats und am 26. Oktober 1234 wurde in der Kirche eine Synode abgehalten. Erhalten geblieben war von dieser Kirche jedoch nur der Kirchturm im Westen, der allerdings nach einem Blitzschlag im September 1783 bis auf die Grundmauern niederbrannte und völlig neu aufgebaut werden musste. Seitdem trägt er ein barockes Dach.

Betritt man die Kirche vom Buchholzmarkt aus durch das ebenfalls barocke Nordportal, findet man über diesem eine Darstellung des Heiligen Pankratius, zu erkennen an Ritterrüstung und Schwert. Pankratius war ein um 290 n.Chr. geborener Ritter, der im Alter von 14 Jahren wegen seines christlichen Glaubens in Rom den Märtyrertod starb.

Die schlichte und klare Architektur in Bruchstein, die drei gleich hohen Kirchenschiffe und die hohen gotischen Fenster sorgen für einen hellen und ausladenden Innenraum. Der Chor hat dieselbe Höhe wie die Kirchenschiffe, alle werden von einem Kreuzrippengewölbe überspannt. Hoch über dem Chor hängt hier ein mächtiges hölzernes Triumphkreuz aus dem Jahre 1450. Dieses war über viele Jahre auf dem Dachboden der Kirche in Vergessenheit geraten, bei Renovierungsarbeiten im Jahre 1968 wiederentdeckt worden und hat seitdem wieder einen Platz in der Kirche. Ebenfalls zu dieser Zeit wiedergefunden wurden zwölf holzgeschnitzte und farbig gestaltete Apostelfiguren, die sich nun auf Konsolen an den Säulen rund um den Altarraum befinden. Diese waren ursprünglich Vollfiguren, von denen beim Brand von 1847 jedoch nur ihre Büsten erhalten geblieben sind. Aus der 1802 säkularisierten Kirche des Michaelisklosters in Hildesheim stammt die mit wertvollen Intarsien ausgestattete Kanzel. Das bronzene Taufbecken in der südöstlichen Ecke des Chores wurde der Kirche 1703, wie der unter dem Deckelrand verlaufenden Inschrift noch heute zu entnehmen ist, vom damaligen Bürgermeister Heinrich Philippi und seiner Frau Anna Tietgen gestiftet. Hier befindet sich auch eine große Holztruhe aus dem Jahre 1847, die der Aufbewahrung von Messgewändern und -geräten diente.

An der Südseite der Kirche wurde im Zuge der schon erwähnten Renovierungsarbeiten ein Wandgemälde freigelegt, das die Szene vom Barmherzigen Samariter zeigt.

Im nordöstlichen Chor steht eine Marienfigur des zeitgenössischen und in Mahlerten lebenden Künstlers und Bildhauers Donato Diez, dessen Werke u.a. auch an der Michaeliskirche in Hildesheim und in der Kirche und auf dem Friedhof von Nordstemmen zu sehen sind.

Das Bronzekreuz auf dem schlichten Steinaltar ist ein Werk des deutschen Bildhauers Ulrich Henn (1925 - 2014), der hier Geschichten aus dem alten und neuen Testament dargestellt hat. Von ihm stammen auch eine Bronzetür der Andreaskirche in Hildesheim und der Bugenhagen-Brunnen auf dem dortigen Kirchplatz.

Die drei farbig gestalteten Fenster im Chor zeigen links die weinenden Frauen am Kreuz und rechts den auferstandenen Christus. Im mittleren Fenster sehen wir den auf dem Thron sitzenden Christus, darunter die Reformatoren Martin Luther auf der linken und Johannes Bugenhagen auf der rechten Seite.

Zu erwähnen ist außerdem die 1854 von Johann Andreas Engelhard geschaffene mächtige Orgel, die zuletzt 2006/07 umfangreich überarbeitet und erweitert wurde und seitdem die Menschen in und um Bockenem nicht nur während Gottesdiensten, sondern auch im Rahmen vieler Konzertveranstaltungen mit ihrer Klangfülle erfreut.

In der Regel sind die Kirchen im Landkreis Hildesheim tagsüber geschlossen und können daher selten besichtigt werden. Wenn Sie aber einmal einen Blick in diese Kirche werfen möchten, können Sie dieses am besten vor oder nach einem Gottesdienst tun. Bitte respektieren Sie, dass eine Besichtigung während eines Gottesdienstes nicht möglich ist.

Die Gottesdienstzeiten der Kirchengemeinden in den Dörfern des Ambergau können Sie unter https://www.kirchengemeindeverband-ambergau.de erfahren.

Superintendentur (Tilly-Haus)

Zu finden: Kirchhof/Am Papenberg

Südlich und unterhalb der St. Pankratius-Kirche liegt das bedeutendste nichtsakrale Gebäude Bockenems, die unter Denkmalschutz stehende historische Superintendentur. Der vordere dreigeschossige Teil des spitzgiebeligen Fachwerkbaus stammt aus dem Jahre 1523, der zweigeschossige Anbau aus dem Jahre 1584. Das gesamte Gebäude zeichnet sich nicht nur durch reiches Balkenwerk mit Vorkragungen und Verzierungen, sondern auch durch wechselnde Steinornamentik aus.

Im Balken der nördlichen Wand ist in Höhe des ersten Stocks das kleine Flachrelief eines geharnischten Mannes mit Schwert und Kirchenmodell eingeschnitzt. Hier begegnet uns noch einmal St. Pankratius, der Patron der Bockenemer Kirche. Ebenfalls auf dieser Seite im angeschlossenen zweigeschossigen Bauteil ist die Inschrift Durch Weissheit wirdt ein Haus gebauwet und durch Verstant erhalten zu lesen. Sie geht zurück auf das Jahr der Fertigstellung des Anbaus sowie auf Johann Schaper, der von 1567 bis 1592 das Amt der ersten mit einer Generalsuperintendentur verbundenen Pfarrstelle innehatte und auf Johann Schimler, der bis zu seinem Tod im Jahre 1621 Pastor (Caplan s. Inschrift) auf der zweiten Pfarrstelle war. Der dritte im Schriftzug zu erkennende Name ist vermutlich der des verantwortlichen Zimmermannes Cort Sisenis.

Im Balken über der Tür auf der Ostseite findet man das Bockenemer Wappen, an der Nordost- und Südostecke jeweils fratzenartige Verzierungen, sogenannte Neidköpfe. Zu den Übeln, gegen die sich die Menschen des Mittelalters zur Wehr setzen mussten, gehörten nicht nur der böse Blick, sondern auch der Neid. Man brachte deshalb an Fachwerkhäusern grimmig dreinschauende Gesichter an, die den Neidern die Zunge herausstrecken.

Da die historische Superintendentur während des Dreißigjährigen Krieges eine zeitlang die Feldherren Tilly und Wallenstein beherbergte, wird sie auch Tilly-Haus genannt. Bis 2004 Sitz der Superintendentur der ev. Kirche des Kirchenkreises Bockenem-Hoheneggelsen ist es seit einer kirchlichen Neuorganisation Sitz der ev. Stadtkirche und Wohnhaus des Pfarres. Das Gebäude ist daher nur von außen zu besichtigen.

Heiliggeist-Kapelle & Beginenhaus

Zu finden: Winkel

Südöstlich des Kirchenareals liegt der älteste Straßenzug Bockenems, der zurecht den Namen Winkel trägt: die Straße ist eng und winklig, ihre Fachwerkhäuser klein und niedrig. Noch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wohnten hier viele Schuhmacher und Klein-Handwerker.

Beim verheerenden Stadtbrand 1847 blieb dieser Straßenzug, der mit dem Rodentau und anderen kleinen Straßenstücken den ältesten Teil Bockenems bildeten, vom Feuer weitgehend verschont. Den Mittelpunkt dieses alten Dorfes bildete wie überall in der Gegend ein Dorfplatz, der auch hier Thie genannt wurde. Als mit zunehmender Ausdehnung Bockenems dieser Platz an Bedeutung verlor, wurde er mit der St. Spiritus-Kapelle (Heiliggeist-Kapelle) und dem Beginenhaus überbaut.

Die kleine gotische Kapelle aus hiesigem Sandstein hatte vermutlich eine deutlich ältere Vorgängerin auf dem Thie Bockenems, worauf ein romanisches Fenster auf ihrer Ostseite hindeutet. Damit ist sie von ihrer Bausubstanz das älteste sakrale Gebäude der Stadt. Sie wurde 2012 profaniert (entweiht) und an einen Privatmann verkauft.

Ähnlich ging es dem direkt auf der anderen Straßenseite liegenden schönen Beginenhaus. Das weiß gekalkte Fachwerkhaus entstand etwa 1351 als Stiftung und war als Spital für armer Leute Nothdurft bekannt. Als städtisches Armen- und Witwenhaus bewohnten es ältere und alleinstehende Frauen, die in einer christlichen Gemeinschaft ohne Ordensgelübte lebten. Wegen hoher Unterhaltungs- und Renovierungskosten verkaufte die Stadt das Beginenhaus 2004 ebenfalls an eine Privatperson.

Weder Kapelle noch Beginenhaus sind zu besichtigen.

Brauergildehaus, altes Amtsgericht und Ackerbürgerhäuser

Zu finden: Königstraße

Von der Westseite der St. Pankratius-Kirche hat man einen schönen Blick hinunter auf die Königstraße und ihre Häuser.

Hier fallen zunächst einige für Bockenem typische Fachwerkhäuser auf. Es handelt sich hierbei um Ackerbürgerhäuser, die in der Stadt nicht nur hier, sondern auch in anderen Straßen der Altstadt noch häufig zu finden sind. Kennzeichend für diese Ackerbürgerhäuser ist eine große Toreinfahrt für Pferd und Wagen in der Vorderfront von der Straße her. Stall und Scheune befanden sich auf dem Grundstück hinter den Häusern. Im Untergeschoss der Häuser lagen die Wirtschaftsräume, im Obergeschoss wohnte man.

Etwas weiter nördlich in der Königstraße liegt das alte Brauergildehaus, in dem sich heute eine gleichnamige Gaststätte befindet. Das Brauergildehaus wurde nach einem der zahlreichen Brände in Bockenem neu aufgebaut. Hier konnten die Reihebürger, d.h. die Bürger, die in der Reihe ein von Generation zu Generation weitergegebenes Anwesen und damit auch das Braurecht besaßen, ihr Bier brauen.

Folgt man der Königstraße in dieser Richtung noch ein paar Schritte weiter, erreicht man das Gebäude des vormaligen Amtshauses. Dieser größte Profanbau der Stadt steht an der Stelle einer ehemaligen Zigarrenfabrik, die ihre Produktion 1847 in die Wasserstraße/Markt verlagerte. Im 1854 fertiggestellten Amtshaus befanden sich auch die Räume des Amtsgerichts. Als dieses 1972 geschlossen wurde, verkaufte die Stadt das Gebäude. Heute befindet sich hier ein Ärztehaus.

Junkernhof

Zu finden: Lappenberg

Der Junkernhof ist der einzige erhalten gebliebene Teil eines Vogthofes in Bockenem. Er gehörte zur Bockenemer Burganlage, in der ein Vogt des Hildesheimer Bischofs residierte und dessen Interessen als oberster Stadtherr vertrat. Lediglich dieses Gebäude und die Straßennamen in der direkten Umgebung (Lange Burgstraße, Nordwall, Burgstraße und Steintorstraße) erinnern heute noch an die alte Burg und die Burganlagen. Der Junkernhof wurde nach dem großen Brand 1847 neu aufgebaut und wird heute privat zu Wohnzwecken genutzt. Reste der alten Stadtmauer sind noch am heutigen Busbahnhof zu sehen.

Königsturm

Zu finden: An der B243 zwischen Bockenem und Bornum, rechte Straßenseite

An der B243 zwischen Bockenem und Bornum steht unübersehbar der Königsturm, ein alter runder Sandsteinturm, der seinen Namen aus gutem Grund trägt. Denn er lag über Jahrhunderte an der alten Königsstraße, der via regia, die vom Königshof Brüggen an der Leine über die Kaiserpfalz Dahlum (Namensgeberin des Ortes Königsdahlum in der Nähe) bis zur Pfalz Werla führte. Der 16 m hohe, mächtige Turm entstand um 1440 und war einer von fünf Türmen der Bockenemer Landwehr, deren Errichtung Bischof Johann III. in Auftrag gab, um das Fürstentum Hildesheim vom Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel abzugrenzen und die Bürger Bockenems zusätzlich zur Stadtbefestigung vor Überfällen und Plünderungen zu schützen. Jeweils drei Schießscharten sind in den beiden oberen Geschossen noch heute zu sehen. Eine aus Quadern hergestellte Türeinfassung im ersten Geschoss lässt erkennen, dass dort in sicherer Höhe der ursprüngliche Eingang zum Turm lag. Alle fünf Wehrtürme, von denen heute nur noch dieser Königsturm bei Bockenem existiert, waren mit einer Zollstation versehen. Über fast 400 Jahre wurden am Königsturm mit Unterbrechungen Handels- und Wegzölle erhoben. Nach dem Bau eines neuen Zollgebäudes im Jahre 1800 diente das alte neben dem Turm stehende Zollhaus als Scheune. Als das neue Zollhaus schon zwei Jahre später mit dem Verlust der Souveränität des Fürstbistums Hildesheim an die Preußen seine Bedeutung verlor, wurde das Gebäude als Wohnhaus und bis 1925 auch als Gaststätte genutzt. Beide Gebäude sind heute in Privatbesitz und stehen ebenso wie der Turm unter Denkmalschutz.

Der Königsturm wurde 1995/96 aufwändig restauriert und 2004 sein 560jähriges Bestehen gefeiert, die Wetterfahne mit der Jahreszahl 1829 deutet aber darauf hin, dass zumindest das kegelförmige Dach des Königsturms schon eher reparaturbedürftig gewesen ist. Innen ist der prächtige Turm heute hohl, das hölzerne Treppenhaus wurde schon während des 2. Weltkrieges verfeuert. Aber das stört die heute darin lebenden Fledermäuse und Turmfalken nicht im Geringsten.

Auf den Spuren der deutschen Könige und Kaiser kann man noch heute die via regia erwandern. Eine Strecke von etwa 180 Kilometern führt durch das Wesertal, das Hildesheimer Land und das nördliche Harzvorland, auf der auch der Königsturm und die Ambergauorte Königsdahlum, Ortshausen und Bornum liegen. Die gesamte Strecke beschreiben Thomas Dahms und Gerhard Kraus in ihrem Buch "Der Königsweg Corvey-Werla", über den man hier mehr erfahren kann.