Interessant + Wissenswert
Sagen und Geschichten
Es war einmal in Eime – Gelebte Dorfgeschichten
Ganz besondere und sehr lebendige Geschichten erzählte man sich in Eime und den zugehörigen Orten im Rahmen eines Theaterprojekts des TPZ Hildesheim (Theaterpädagogisches Zentrum Hildesheim e.V.) zwischen August und November 2019. Gelebte Dorfgeschichte(n) wiederentdecken – das war das Ziel. Um dieses zu erreichen, machten sich die Theater- und Schreibpädagog*innen Silke Pohl und Karu Grunwald-Delitz zusammen mit Elisa Kneisel, einer Studentin der Kulturwissenschaften, auf, um Menschen im Flecken Eime zum Erzählen und Theaterspielen zu motivieren. Tatsächlich ließen sich viele Menschen aus Eime und den zugehörigen Orten anstecken und waren sehr kreativ.
Im Anschluss an das Projekt, das vom Landesverband Theaterpädagogik Niedersachsen e.V. gefördert wurde, entstand eine Sammlung von Geschichten in Heftform. Und wenn sie nicht gestorben sind ...
Hier kommt eine „Gelebte Dorfgeschichte“ – erzählt von einem echten Dunser.
Vom Wandel im Handel
Meine Familie hat einen von zwei winzigen Tante-Emma-Läden in Dunsen geführt. Unser Lebensmittelgeschäft war gerade mal 20 Quadratmeter groß – wie eine Wohnstube in einem Haus. Gleichzeitig fuhr mein Vater mit ausgewählten Waren über Land. Dazu nutzte er zunächst ein 1945 gebautes Dreirad-Mobil und später einen Lieferwagen Tempo Matador, Baujahr 1952. Hinten, aus dem Kasten des Dreirads heraus, wurde Fisch verkauft, und an den Seiten gab es Obst und Gemüse.
Mit dem fahrenden Lebensmittelgeschäft ging es nach Banteln, Lübbrechtsen und so weiter über die Ortschaften. Sobald wir ankamen, bimmelte mein Vater mit einer Glocke. Dann eilten die Leute aus ihren Häusern und er händigte ihnen, in seinem weißen Arbeitskittel und mit einem Hut auf dem Kopf, das Gewünschte aus.
Als kleiner Junge war ich anfangs noch etwas schüchtern und packte lieber in der Mitte des Wagens die Sachen zusammen, statt mit den Leuten zu sprechen. Doch die Kund*innen freuten sich immer sehr, wenn wir beide kamen. Ein Grund dafür war wohl auch, dass mein Vater recht gutmütig war und es nicht so eng sah, wenn jemand seine Waren nicht sofort bezahlen konnte. Und das passierte recht häufig. Denn freitags, wenn die Männer ihre Lohntüten erhielten, rannten viele erst mal in die Kneipe, beglichen die Zeche der laufenden Woche und blieben nach Möglichkeit gleich sitzen. Es dauerte dann nicht lange, bis ihre Frauen kamen und zusahen, dass sie Mann und/oder Geld nach Hause bekamen. Schließlich musste noch etwas übrig bleiben, um davon die Kinder zu ernähren. Das klappte aber nicht immer. Es waren einfach Zeiten, in denen das Geld nicht so locker saß.
As ich den Matador, also den neueren Lieferwagen, später verschrottete, fand ich innen, mit Bleistift aufs Blech geschrieben, lauter Adressen, wo es noch Außenstände gab – Geld, das mein Vater nie bekommen hat. Dafür, dass er vieles verschenkte, wurde er auch des Öfteren von meiner Mutter getadelt. Kopfschüttelnd sagte sie dann: „Ob er da rausfährt oder nicht, das macht eigentlich keinen Unterschied.“
Besonders gut erinnere ich mich an unsere letzte Fahrt. Für meine Mutter war die Arbeit im Geschäft aus gesundheitlichen Gründen zu beschwerlich geworden. Außerdem war die Zeit der Tante-Emma-Läden einfach abgelaufen. Überall sprossen schicke neue Supermärkte aus dem Boden. Obwohl auch wir schon von einer großen Kette mit Waren beliefert wurden und das Frischeste vom Frischen aus Hildesheim bekamen, waren diese großen, modernen Läden mit ihrem enormen Sortiment einfach attraktiver. Darüber, dass wir das Geschäft und die Überlandfahrten aufgaben, waren all unsere Kund*innen sehr traurig.
Doch seiner Liebe zu besonderen Fahrzeugen musste mein Vater glücklicherweise bis zum Ende seines Berufslebens nicht abschwören: Schnell fand er eine Anstellung bei einem Baugeschäft in Elze. Seine Aufgabe dort war es, morgens mit einem Kleinbus sämtliche Arbeiter und Maurer einzusammeln und danach einen riesigen nagelneuen Baukran zu steuern. Das hat ihn über den Verlust des eigenen Geschäftes hinweggetröstet.
Erzählt von Hartmut Dreyer, zu Papier gebracht von Silke Pohl
Hoike – Sagen und Erzählungen aus dem Land zwischen Hildesheimer Wald und Ith
Der ehemalige Deilmisser Dorflehrer und Elzer Kreisheimatpfleger Wilhelm Barner hat in akribischer Feinarbeit zahlreiche Sagen und Erzählungen aus dem Leinebergland zusammengetragen, die er den Einwohnern entlockt hat und die sich um Ungewöhnliches in der Natur und um die Geschichte der Landschaft ranken. Unterstützt haben ihn dabei Ernst Bock, Lehrer in Ahrenfeld, Walter Köster aus Freden, Richard Schaller aus Alfeld und Heinrich Klages, Lehrer in Esbeck.
Der Heimat- und Geschichtsverein Elze und seiner Ortsteile e.V. hat die wertvollen Überlieferungen bereits 1960 in Buchform veröffentlicht. Heute sind diese auf der Website des Vereins unter Bücher / Hoike vollständig nachzulesen. Ganz am Ende der Seite hat man die Möglichkeit, sich alle Geschichten herunterzuladen. Besonders hilfreich ist das alphabetische Ortsverzeichnis, in dem alle Orte zu finden sind, zu denen es Geschichten gibt.
Über Dunsen findet man ab Seite 139 zwei Geschichten.