Interessant + Wissenswert
Sagen und Geschichten
Die Rebellion der Almstedter Bauern
Zur Zeit der Landesherren und Gutsbesitzers Oberst Henning von Lützow, der 1640 durch Heirat des Almstedter Gutes kam, verweigerten 26 spanndienstlich und 16 handdienstlich verpflichtete Bauern ihrem Landesherren trotz Schlichtungsversuchen durch Räte der bischöflichen Regierung und Androhung des Verlustes von Haus, Hof und Vieh ihren Dienst. Lützow belastete seine Untertanen derart schwer mit Diensten und Abgaben, dass die Bauern ihre Arbeit für den Gutsherren einstellten und, wie in der Dorfchronik berichtet - „Sie entwichen aus dem Dorfe und wurden flüchtig“ - ihre Höfe zeitweise Hals über Kopf verließen. „Die Folge war eine „militärischen Exekution“ und die Beschlagnahme des Viehs und der Ernte durch den Gutherrn“.
Erst 1660 konnten die Streitigkeiten zwischen von Lützow und seinen Untergebenen nach zähen Verhandlungen „gänzlich und unwiderruflich“ beigelegt werden. Der Gutsherr musste außerdem das von ihm in Almstedt verwendete Halseisen, „in das die Untertanen bei „Abstrafung von Ungehorsam“ eingeschlossen wurden und das im Dorfe Empörung hervorgerufen hatte“ wieder abschaffen. Auch der Forderung der Bauern, „das Amtsbuch nebst den alten Steinbergschen Vertragsbriefen zu beiderseitiger Sicherung und Nachrichtung“ in einer Lade mit zwei Schlössern und Schlüsseln in der Kirche aufzubewahren und wenn nötig in zukünftigen Streitfragen hinzuzuziehen, musste von Lützow zustimmen.
Unterschrieben wurde der Vertrag von Bauern, deren Nachfahren noch heute in Almstedt leben und deren Namen daher nicht verschwunden sind. Man kann aber ganz sicher davon ausgehen, dass sie alle friedfertigen Menschen sind, in guter Nachbarschaft miteinander leben und keine handfesten Streitigkeiten mehr vom Zaun brechen.
Schriftgut und Überliefertes
- 850 Jahre Almstedt 1151 – 2001, Almstedt in Wort und Bild - Eine Aufzeichnung seiner Geschichte von 1151 bis 1999, Hrsg. Arbeitskreis Dorfchronik, B&W Druckservice Bad Salzdetfurth 2000
- Hartmann, Sabine, 1025 Jahre Sibbesse - Chronik der Samtgemeinde Sibbesse, Druckhaus Köhler, Harsum 2014 (Die Chronik ist im Rathaus von Sibbesse käuflich zu erwerben.)
- 50 Jahre Arbeitsgemeinschaft Historische Eisenbahn e.V., Festschrift zum Jubiläum 2022 (für eine Schutzgebühr in Höhe von 3 € beim Verein zu erwerben)
- Griessmann, Uwe & Klima, Sonja, 111 Orte in und um Hildesheim, die man gesehen haben muss, Emons Verlag GmbH 2020
- Dahms, Thomas und Görg, Horst-Dieter, An Nette, Lamme & Gande, KulTourLandschaft im Hildesheimer Land & am Harz, Ostfalia Verlag, Osterwieck 2023
Berühmte Persönlichkeiten
Heinrich Ernst Karl Jordan
Selbst den meisten Almstedtern wird sein Name kaum etwas sagen und vermutlich wissen die wenigsten, dass Karl Jordan aus Almstedt stammte.
Heinrich Ernst Karl Jordan, zu Lebzeiten auch bekannt als „K. J.“, war ein deutsch-englischer Entomologe (Insektenforscher).
Er wurde am 7.Dezember 1861 in Almstedt als Sohn einer Bauernfamilie geboren. Jordan besuchte das Gymnasium Andreanum in Hildesheim und legte dort 1882 die Abiturprüfung ab. Danach studierte er Botanik und Zoologie in Göttingen. 1886 promovierte er, trat freiwillig einen einjährigen Militärdienst an und war danach Hilfslehrer am Progymnasium in Hann. Münden. Dort war Jordan auch als Dozent an der Forstakademie Hann. Münden tätig. 1892 nahm er eine Lehrerstelle für Mathematik und Naturwissenschaften an der Landwirtschaftsschule in Hildesheim an. Ein Jahr später folgte er der Einladung von Ernst Hartert als Kurator an das von Walter Rothschild privat gegründete Walter Rothschild Zoological Museum in Tring (Hertfordshire, England), das 2007 in „Natural History Museum at Tring” umbenannt wurde.
Dort spezialisierte er sich auf Käfer, Schmetterlinge und Flöhe und erhielt die Aufgabe, die Insektensammlung des Museums zu systematisieren. Ab 1930 war er für acht Jahre Direktor des Museums.
Jordan veröffentlichte mehr als 400 Publikationen und beschrieb gemeinsam mit Charles und Walter Rothschild mehr als 3500 neue Arten.
Zusammen mit Charles Rothschild entdeckte er die Übertragung der Pest von Ratten auf Menschen durch den Rattenfloh. Sie entwickelte auch das später nach ihnen benannte das Rothschild-Jordan-System, ein System zur Nomenklatur von Venen und Zellen in Insektenflügeln. Auch ein bei vielen Schmetterlingen vorkommendes Sinnesorgan wurde von Karl Jordan beschrieben und nach ihm benannt.
Im Laufe seiner wissenschaftlichen Arbeit organisierte Jordan im Jahr 1910 den ersten Internationalen Entomologischen Kongress und übernahm den Vorsitz in der Internationalen Kommission für Zoologische Nomenklatur. Beide Organisationen ernannten ihn zu ihrem Ehrenpräsidenten auf Lebenszeit. Jordan war außerdem Mitglied der Wiener Entomologischen Gesellschaft und seit 1931 korrespondierendes Mitglied im Verein für naturwissenschaftliche Heimatforschung zu Hamburg.
1932 wurde er Mitglied der Royal Society und war von 1929 bis 1930 Präsident der Entomologischen Gesellschaft von London. 1958 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.
1911 wurde Jordan britischer Staatsbürger und heiratete 1891 Minna Brüning, mit der er zwei Töchter bekam. Er starb am 12. Januar 1959 in Tring.
Das weltweite Aussterben zahlloser Insekten und Schmetterlinge würde K.J. heute vermutlich zur Verzweiflung bringen ...
Elisabeth „Löisebeth“ Sandvoß
Von Elisabeth Sandvoß genannt Löisebeth hingegen wird in der Ortschronik von Almstedt erzählt.
Sie muss eine außergewöhnliche Frau gewesen sein, die man im Dorf wegen ihrer „allerlei Grappen“ (spaßigen Einfälle) und „Wunderlichkeiten im Kopp“ für ein wenig „verrückt“ hielt.
Löisebeth ging als älteste Handelsfrau der Gegend in die Geschichte ein, denn sie besuchte noch im hohen Alter von über 83 Jahren „täglich ihre Kundschaft. Die Kiepe auf dem Rücken, den Regenschirm in der Hand, so durchwandert sie ihren Bezirk, der vom Ambergau bis Hildesheim reicht. Nur selten benutzt sie die Eisenbahn. Aus ihrer Kiepe verkauft sie Seifenpulver, Streichhölzer, Schürzenstoffe usw.“ Alles, was sie an Einnahmen erübrigen konnte, legte sie für ihr Begräbnis zur Seite.
Mit den Menschen in Almstedt hatte sie es wohl nicht immer leicht. Immer gab es „Spektakel“ mit den „Jungens un de Gemaine“ (der Gemeinde), man hätte sie gerne unter „Keratel“ gestellt oder in eine Anstalt gesteckt und ihr Haus verkauft.
Dass sie keineswegs verrückt war - und deshalb- so hoffte sie - einst von der Hölle verschont bleiben würde - ließ sie sich vom Professor im Hildesheimer Krankenhaus bestätigen. „Liebe Frau, Sie sind kerngesund und haben ja auch schon den Gesundheitsschein. Im Bernward (Bernward Krankenhaus Hildesheim, Anm.d, Red.) sind Sie doch von 30 Schwestern auf Herz und Nieren geprüft und ich habe ja vor dem norddeutschen Kaiser einen heiligen Eid geschworen, dass ich mich nicht bestechen lasse.“
Wann Loisebeth Sandvoß verstarb, ist aus der Ortschronik nicht zu entnehmen, wohl aber, dass sie sich zur Wehr setzen konnte und jedermann wissen ließ, sollte die Gemeinde nicht für ihre Beerdigung aufkommen wollen, sie schon zu ihren Lebzeiten alles vorbereitet und in die Wege geleitet hatte. So waren mit dem Pastor „ne wörklich schoine Loikenrede“ (eine wirkliche schöne Leichen-/Grabrede) besprochen, der Leichenschmaus bestimmt, die Sargträger bereits bezahlt und der Eichensarg mit feinen Beschlägen und Zinkeinsatz angeschafft. In Almstedt erzählt man sich bis heute, dass Loisebeth schon Jahre vor ihrem Tod in diesem Sarg geschlafen habe.
(Zusammenfassung eines Berichtes in plattdeutscher Sprache von H. Knösel)
Das gibt's so nur bei uns
MTV Almstedt
Der MTV Almstedt ist nicht nur ein Sportverein mit tollem sportlichen Angebot für alle Altersgruppen – er trägt mit seinen Werten und Zielen auch entscheidend zu einem lebendigen Miteinander innerhalb der Dorfgemeinschaft und auch über die Dorfgrenzen hinaus bei. Für einen kleinen Ort mit etwa 800 Einwohnern ist das nicht selbstverständlich aber von unschätzbarem Wert!
Ein Blick auf seine Website zeigt, welches Leitbild der Verein verfolgt:
- „Für eine Zukunft, in der alle Menschen aus der Region als Gemeinschaft eine Heimat für Sport, Austausch und Weiterentwicklung finden.
Das ist unsere Vision.
- Wir bieten unserer Gemeinschaft ein umfangreiches und bezahlbares Angebot im Breitensport – auch leistungsorientiert.
- Dazu tragen eine gute Sportanlage, motivierte Trainer*innen und Ehrenamtliche sowie ein gutes Klima zwischen den Abteilungen bei.
- Auch neben dem Sport sorgen wir für Treffpunkte und Austauschmöglichkeiten.
Das ist unsere Mission.
- Wir stehen für Aktivität mit Leidenschaft und Freude.
- Ein respektvolles Miteinander bildet unsere Basis für Vertrauen & Mitgliedernähe sowie Vielfalt & Toleranz.
- Durch Zusammenhalt und Teamgeist schaffen wir mit unserem Verein eine Heimat.
- Wir vereinen Tradition mit Zukunftsorientierung.
- Wir gestalten nachhaltige Vereinsarbeit, Projekte und Entwicklung.
Das sind unsere Werte.“
Weitere Informationen zum Sportangebot des MTV Almstedt findet man hier.
Historischer Bahnhof Almstedt-Segeste
Der Bahnhof von Almstedt-Segeste verdankt sein Überleben dem 1972 gegründeten Verein Arbeitsgemeinschaft Historische Eisenbahn e.V.
Damals standen die zum ehemaligen Bahnhof gehörenden Gebäude leer und der Verein setzte sich „das Sammeln und der Erhalt von historischem Eisenbahnmaterial „und den „Aufbau einer Museumseisenbahn“ zum Ziel.
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
Seitdem sind viele Jahre ins Land gegangen, in denen die Vereinsmitglieder nicht nur Gleisanlagen, Brücken und Fahrzeuge von historischem Wert instand setzten, sondern auch weitere Loks und Eisenbahnwagen dazukauften. Das desolate und vor dem Verfall stehende Bahnhofsgebäude wurde 1986 auf die andere Seite der Gleisanlagen versetzt und restauriert.
Der ursprünglich in Bad Grund genutzte Lokschuppen kam 1984 als Geschenk von dort nach Almstedt und wurde bis 1987 hier wieder aufgebaut.
Unzählige Stunden Arbeit investierten die Vereinsmitglieder bis heute in den kleinen Bahnhof von Almstedt-Segeste, Strecken und Fahrzeuge. Wenn auch noch nicht alle ihre Wünsche und Träume in Erfüllung gegangen sind, so kann man sich doch regelmäßig und viermal im Jahr im Rahmen der seit 1990 stattfindenden Bahnhofsfeste vom Engagement der Arbeitsgemeinschaft Historische Eisenbahn e.V. ein Bild machen. An diesen Tagen sind alle Gebäude geöffnet und können kostenlos besichtigt werden
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
-
© Verena Bloch
Nach Erwerb einer Fahrkarte am historischen Fahrkartenschalter besteht die Möglichkeit, an kleineren Bahnfahrten über instandgesetzte Teilstrecken per Draisine, einem Triebwagen oder einer Dampflok teilzunehmen. Die freundlichen „Eisenbahner“ von Almstedt stehen für alle Fragen zur Verfügung, erklären auch völligen Laien bereitwillig technischen Feinheiten und führen durch die Bahnhofsanlage. Das sie auch noch für frisch gegrillte Bratwürstchen, Kuchen und Getränke sorgen ist großartig, aber eigentlich nebensächlich. Denn der Besuch des kleinen historischen Bahnhofs ist auch ohne dieses kulinarische Angebot immer und unbedingt zu empfehlen!
An die Zeit der Eisenbahn im Almetal fühlt man sich übrigens noch immer durch einige historische Eisenbahnbrücken im Ortsbild erinnert ...
Wer neugierig geworden ist, sollte schon vorher die ausführliche Website der Arbeitsgemeinschaft Historische Eisenbahn e.V. studieren.
Mehr zur Geschichte des Bahnbetriebes von Anfang bis Mitte des 20.Jh findet man hier.
Lokale Spezialitäten
Gudrun Mushardts Bowle
Bestimmt 30 Jahre hat Gudrun Mushardt keine Bowle mehr zubereitet. Doch das Rezept hat sie noch im Kopf und eine Dose Fruchtcocktail im Schrank.
Spuren von historischen Produktionsstätten
Ehem. von Steinberg’sche Gutsmühle
Zu finden: Grafelder Weg 2
Die Almstedter Mühle war eine Gutsmühle der Gutsherren von Steinberg. Im Winzenburger Erbregister von 1578 findet man zu dieser Mühle folgenden Eintrag: „Die Mühle zu Almstedt ist des Müllers Erbe, hat einen Grindt (Mahlgang) und erbzinset dem Gutsherren daselbst Jährlich 12 Groschen“.
Nach Informationen aus der Ortschronik besaß sie – möglicherweise erst später - zwei Mahlgänge und eine Schrotgang. Erster namentlich bekannter Müller war 1578 Claus Böttger. Karl Stoffregen, der letzter Müller Almstedts, kaufte sie im Jahre 1911. Der Mahlbetrieb wurde 1958 eingestellt.
Wirtschaftsbetriebe
Drei Tischler, zwei Schmiedemeister, zwei Bäcker, ein Schlachter, mehrere Schuster, zwei Schneider, Stellmacher und Peitschenmacher waren einst in Almstedt ansässig.
Nicht selbstständige Handwerker wie Maurer und Dachdecker waren in vor allem in Hildesheim beschäftigt.
Heute existieren diese Betriebe nicht mehr, andere haben sich später niedergelassen.
Und oberhalb des Ortes drehen sich fünf Windräder.